Facebook: Wohnzimmer statt Stadthalle!
„Privatsphäre erst ermöglicht es den Menschen, authentisch zu sein. Dafür entwickeln wir doch eigentlich soziale Netzwerke“…
…schreibt Zuckerberg im März 2019 auf seinem eigenen Facebook-Profil. Konkret spricht er von der Einführung von Verschlüsselung, die es Dritten nicht ermöglicht, auf Inhalte der Nutzer zugreifen zu können. Einschließlich Facebook selbst. WhatsApp hat es vorgemacht. In den kommenden Jahren werde der Fokus der Bemühungen seines Unternehmens auf mehr Privatsphäre für den Benutzer gerückt, und auf die Koppelung der einzelnen sozialen Netzwerke miteinander.
Allzu sehr ins Detail gehen mag Zuckerberg in seinem Essay zunächst nicht. Im Mittelpunkt für die geplanten Veränderungen steht offensichtlich nicht mehr die Kommunikation des Users mit möglichst vielen Menschen. Sondern eher sein Austausch mit einem kleineren, vertrauten Personenkreis. Das Chillen im kuscheligen Wohnzimmer ersetzt die nervöse Hektik in der Stadthalle.
Für Zuckerberg ist der operative Alltag derzeit kein Zuckerschlecken. Kritik scheint von allen Seiten nur so auf ihn einzuprasseln. Die Privatsphären-Extremisten fordern weit drastischere Maßnahmen als „nur“ ein paar Algorithmen zur Verschlüsselung. Menschen wie Jeff Chester rümpfen über die Ankündigungen aus dem Hauptquartier von Facebook nur die Nase: „Warum beschleicht uns der Eindruck, dass Facebook immer dann auf Schmusekurs geht, wenn das Geschäft mal wieder schlecht läuft?“ raunzt der Direktor des „Center for Digital Democracy“ in Washington. Andererseits sperren Länder wie Brasilien mal schnell den kompletten Datenaustausch via WhatsApp, weil das Unternehmen sich weigert, Nutzerdaten herauszurücken.
Angenommen, es ist Zuckerberg ernst mit der Umstrukturierung der sozialen Netzwerke hin zu mehr Privatsphäre: Rechnet sich das dann noch? Schließlich ist das Erfolgsmodell Facebook doch insbesondere darauf aufgebaut, möglichst viele Daten der User zum Nutzen von Werbetreibenden herauszufiltern. Wo versteckt sich der geschäftliche Mehrwert hinter den jüngsten Versprechen aus Menlo Park, Kalifornien?
„Barrierefreie“ Nutzung der Netzwerk-Apps
Neben dem Versprechen von mehr Privatsphäre kündigt Zuckerberg an, man arbeite an der Interaktivität zwischen den vier Anwendungen. Wenn der Anwender künftig barrierefrei zwischen Facebook, Instagram, Messenger und WhatsApp hin und her springen kann, dann wird auch verstärkt Werbung in den Messenger-Diensten platziert. Mit denen ließ sich bislang aber eher weniger Geld verdienen. Bisher werden hauptsächlich auf Facebook lukrative Anzeigen geschaltet. Aus einer Koppelung der Dienste ergibt sich eine klassische Win-Win Situation: Das etwas kränkelnde Facebook profitiert von steigenden Userzahlen bei WhatsApp oder Instagram, diese wiederum schneiden sich ein größeres Stück vom wachsenden Werbekuchen ab.
Zuckerberg möchte seine sozialen Netzwerke auch übermorgen noch im Trend wissen, daher muss er heute die Wünsche der User kennen und erfüllen. Die dynamische, sich schnell verändernde digitale Welt stellt ihn, und uns bei Schaller Digital, täglich vor neue Herausforderungen. Es bleibt spannend, und wir bleiben am Ball.
(Foto: StockSnap/Pixabay)